Wer in diesem Jahr zum Skifahren mal nicht nach Österreich, Südtirol oder in die Schweiz fahren will, für den haben wir einen Tipp: Skiurlaub in den USA. Wir durften sieben verschiedene Skigebiete in Colorado testen und erlebten dort eine außergewöhnliche Skireise, die wir so schnell nicht mehr vergessen werden.
Im ersten Teil unserer Reise haben wir bereits die „Mile High City“ Denver erkundet, sind mit dem höchsten Lift Nordamerikas in Breckenridge gefahren und haben uns auf die Spuren der Birds of Prey in Beaver Creek begeben. Auch die legendären Back Bowls in Vail haben wir uns schon hinunter gewagt. Für den zweiten Teil der Reise machten wir uns auf den Weg nach Telluride.
Telluride: America's Coolest Ski Town
Die letzten 30 Minuten der Anfahrt kamen wir aus dem Staunen nicht mehr heraus und als wir auf der Main Street durch Telluride fuhren, mussten wir kurz anhalten und die Stimmung in Bild festhalten. Die von Saloons und Bars gesäumte Straße führt scheinbar direkt auf eine senkrechte Felswand am Talschluss zu. Also raus aus dem Auto und erstmal das Panorama und den Blick über die Main Street genießen. Als sich unsere Blicke dann Richtung Süden wandten, wurde uns schon klar: Hier gibt es einige Steilhänge zu entdecken.
Also Skier aus dem Auto und ab in die Telluride/Mountain Village Gondola. Diese verbindet das alte Minenstädtchen Telluride mit dem Retortenort Mountain Village, in dem sich überwiegend neue Hotels befinden, die nur für den Skitourismus gedacht sind. Unter der Gondel schlängeln sich so namhafte Pisten wie North Chute, Stumper oder O'Reilly's auf extrem steilen Nordhängen hinunter ins Tal. An der Bergstation angekommen eröffnet sich uns ein Blick über das gesamte Skigebiet. Über allem thront im Süden der berühmte Palmyra Peak, mit 4008m der höchste Punkt im Skigebiet (wer von dort abfahren möchte, muss ein ganzes Stück zu Fuß aufsteigen).
An der Bergstation trafen wir Tom Watkinson, der den Großteil seines Lebens in Telluride verbrachte. Braungebrannt und mit einem Lachen im Gesicht meinte Tom nur: "Ich weiß, dass ihr Europäer am liebsten auf den präparierten Pisten runterrutscht, aber wir haben hier in Telluride etwas, das viel mehr Spaß macht." Meine Frau fand die Aussage zunächst nicht so lustig. Als wir wenig später durch butterweichen, oberschenkeltiefen Powder im Revelation Bowl glitten, löste sich die Anspannung aber in pures Vergnügen.
Nachdem wir einige Powder Runs rund um den Gold Hill Express absolviert hatten und uns die Oberschenkel richtig brannten, hatte Tom endlich Mitgefühl: "Okay, we can ski some groomers now. I want to show you a cool place to soak in the sun." Damit meinte Tom die Gorrono Ranch, ein alter Hof, der nun mitten im Skigebiet etwas oberhalb von Mountain Village liegt. Im Sommer finden hier Hochzeiten statt, im Winter genießen die Skifahrer von der Sonnenterasse aus die Aussicht auf die San Juan Mountains.
Tipp: Mit mehr als 810 Hektar und knapp 150 Abfahrten bietet Telluride eine große Auswahl an Abfahrtsmöglichkeiten. Fast 60 Prozent der Pisten sind für Anfänger und Fortgeschrittene Skifahrer ausgelegt. Die grünen und blauen Pisten befinden sich vor allem rund um den Sunshine Express und dem Village Express. Erfahrene Wintersportler zieht es hingegen hinauf in die Revelation Bowl oder die Black Iron Bowl. Die längste Abfahrt ist mit 7,4 Kilometern die grüne Galloping Goose, die vom Prospect Express Lift bis zur Meadows Area bei Mountain Village führt. >> Mehr Infos zum Skigebiet Telluride
Wagner Custom: German Skis made in USA
Nachdem wir uns in der Gorrono Ranch gestärkt haben, fahren wir mit Tom hinunter ins Mountain Village. Sichtlich stolz erzählt Tom, dass es in Telluride sogar eine eigene Skimarke gibt. Als wir das Gebäude von Wagner Custom Skis betreten, fühlen wir uns eher an eine Designwerkstatt als an eine Skifabrik erinnert. Hinter der Theke steht Pete Wagner, der Gründer der Skimanufaktur. Pete sieht so gar nicht wie der typische Freerider aus, eher wie ein Tüftler oder Ingenieur. Mit einem freundlichen "Welcome to Wagner Custom Skis" begrüßt er uns noch am Eingang und beginnt gleich uns seine Geschichte zu erzählen.
Pete hat Informatik studiert ("Aha jetzt passt alles zu seinem Äußeren“, dachten wir) und begann seine Karriere damit Golfschläger für Profis zu entwickeln. Dabei versuchte er mit Hilfe von Sensoren das Schwungverhalten und die körperlichen Eigenheiten seiner Kunden möglichst genau zu vermessen, um den perfekten Golfschläger individuell zu fertigen. Irgendwann merkte Pete aber, dass seine Passion dem Skifahren gehört. Er zog nach Telluride und versuchte das im Golfsport erprobte System auch auf den Skisport anzuwenden: Den perfekten, individuell angepassten Ski für jeden Kunden zu entwickeln.
Stolz erwähnt Pete auch seine deutschen Wurzeln und dass ihm bewusst ist, dass zum einen sein Name "Wagner" in Deutschland den Klang von Handwerkskunst in sich trägt und dass die besten Skier seiner Meinung nach in Deutschland gebaut werden - natürlich die besten Skier nach Wagner Custom Skis.
Moderne Cowboys: Ausritt mit dem Schneemobil!
Nachdem wir uns von Pete verabschiedet haben, hatte Tom noch einen letzten Tipp für uns: "You have to try Snowmobiling" meinte Tom, bevor er über die schwarzen Talabfahrten nach Telluride in seinen Feierabend verschwand. Das ließen wir uns natürlich nicht zweimal sagen und buchten am nächsten Morgen eine Guided Snowmobile Tour. Für uns war es ein unglaubliches Erlebnis für Stunden durch die Wildnis der San Juan Mountains zu fahren. Wir hatten das Gefühl irgendwo in Alaska zu sein. Nur die alten, verlassenen Berghöfe, an denen unsere Tour vorbeiführte, erinnerten daran, dass wir eigentlich nicht weit weg von der Zivilisation waren.
Crested Butte: Das Schneeloch Colorados
Nach all der Action in Telluride ist es uns wirklich schwer gefallen Abschied zu nehmen. In den Nachrichten haben wir aber von den Schneestürmen gehört, die die letzten Tage nördlich an uns vorbeigezogen sind.
Crested Butte, das nächste Skigebiet auf unserer Colorado Tour liegt ziemlich genau in der Mitte von Colorado und gilt schon immer als "Schneeloch". Es war also auch eine gehörige Portion Vorfreude dabei, als wir uns mit unserem Jeep auf den Weg Richtung Norden machten. Trotz der Vorwarnung staunten wir nicht schlecht, als nach Gunnison die Schneewände immer höher wurden und der Wind den frischen Pulverschnee immer wieder auf die Straße peitschte. Ohne Allradwagen wären wir chancenlos in diesem Schneesturm stecken geblieben.
Als wir Crested Butte mit über zwei Stunden Verspätung erreichten, fanden wir uns in einem echten Wintermärchen wieder. Über zwei Meter hoch türmte sich der Schnee in dem über 2.700m hoch gelegenen Örtchen in den Elk Mountains und die Flocken rieselten unaufhörlich aus den dicken Wolken. Gefesselt von der schönen Stimmung entschieden wir uns dazu, einfach den Ort zu Fuß zu erkunden. Als wir dann abends im Hotel ankamen, erfuhren wir, dass die Lifte wegen des vielen Neuschnees geschlossen waren und wir morgen wohl perfekten Powder finden werden, wenn die Lifte wieder öffnen.
Am nächsten Morgen war unser Auto am Parkplatz wieder mit 40cm Neuschnee bedeckt aber die Lifte öffneten. Was folgte war wie Skifahren in den Wolken. Der frische Neuschnee staubte uns nur so ins Gesicht. Egal ob auf den flachen Familienhängen am Red Lady Express Lift oder beim Tree Skiing am North Face Lift: Die Skier drehten himmlisch leicht und machten selbst den steilsten Hang zum Vergnügen. Einzig die Fahrt vom Gipfel durch "Banana" und "Funnel" wollten wir wegen der starken Winde nicht fahren. Als wir uns am nächsten Morgen den Weg durch den neuerdings gefallenen Schnee bahnten, wussten wir, dass wir ihn gefunden hatten: Den perfekten Colorado Champagne Powder.
Tipp: Wie eine Pyramide ragt der 3.704 Meter hohe Mt. Crested Butte aus dem East River Valley heraus. Anfänger finden rund um den Red Lady Express Lift zahlreiche grün markierte Abfahrten. Wer schon sicherer unterwegs ist, erkundet die blauen Pisten an East River und Paradise Express Lift. Um hinauf zu den Black Bowls zu kommen, nimmst du den Silver Queen Express und den High Lift. >> Mehr Infos zum Skigebiet Crested Butte
Crested Butte ist ein typisch amerikanischer Skiort wie er im Buche steht. Nach Ampeln, Einkaufsketten oder Hochhäusern suchst du hier vergeblich. Stattdessen prägen gut erhaltene, kleine Häuser das Bild der alten Minenstadt. Das bedeutet allerdings nicht, dass hier nichts geboten wäre. Denn hinter den sogenannten False-Front Fassaden verstecken sich zahlreiche gemütliche Restaurants, Bars und Cafés.
Copper Mountain: Das perfekte Familienskigebiet
Von Crested Butte ging es langsam wieder zurück Richtung Denver. Unser nächster Stopp heißt Copper Mountain. Was uns beim Blick auf den Pistenplan gleich auffiel, war die natürliche Aufteilung des Skigebiets. Während im Westen ausschließlich Familienhänge zu finden sind, warten am Osthang sowie rund um Copper und Union Peak zahlreiche Black Diamond oder Double Diamond Abfahrten. So kommen sich Anfänger und sportliche Skifahrer nicht in die Quere. Zwischen den Liften Super Bee und American Eagle im Zentrum des Skigebiets und am Timberline Express gibt es außerdem blaue Pisten für alle Genussskifahrer.
Nach einem Tag auf den Hängen des Copper Mountain wollten wir auch noch den Tubing Hill testen. Der befindet sich beim East Village neben dem Super Bee. Hinauf zum Startpunkt kommt man bequem mit einem Förderband, hinunter geht es auf den vier Bahnen im eigenen oder im Doppelreifen.
Tipp: Copper Mountain liegt nur 120 Kilometer von Denver entfernt. Vom Flughafen Denver wird mit dem Summit Express mehrmals täglich ein Shuttleservice zum Skigebiet angeboten. Zwischen den drei Ortsteilen East Village, Center Village und West Village verkehren außerdem kostenlose Busse. Wer nur in Copper Mountain Skifahren möchte, kann sich also einen Mietwagen sparen.>> Mehr Infos zum Skigebiet Copper Mountain
Winter Park: Am Dach der Continental Divide
Wir verabschiedeten uns von Copper Mountain und machten uns auf zum letzten Skigebiet unserer Reise: Winter Park. Mit seiner Lage an der Continental Divide (die nordamerikanische kontinentale Wasserscheide) und knapp 8 Meter Neuschnee im Jahr bietet Winter Park beste Schneeverhältnisse.
Auch hier ist das Skigebiet wieder in verschiedene Bereiche gegliedert – sieben an der Zahl. Für Anfänger sind das Winter Park Territory und das Vasquez Ridge Territory mit einer großen Auswahl an grünen und blauen Abfahrten am besten geeignet. Wer schon mehr Erfahrung mitbringt, findet im Parsenn Bowl und Mary Jane Territory mittelschwere bis anspruchsvolle Abfahrten. Die Profis zieht es ins Eagle Wind und The Cirque Territory. Freestyle-Fans kommen in den sieben Terrain Parks rund um den Eskimo Express auf ihre Kosten.
Tipp: Von Denver kannst du auch mit dem Zug nach Winter Park fahren. Von der Denver Union Station geht es mit dem Winter Park Express direkt ins Skigebiet. Der Zug fährt von Januar bis März freitags und am Wochenende. Da diese Zugverbindung sehr gefragt ist, solltest du dein Ticket vorab buchen. >> Mehr Infos zum Skigebiet Winter Park
Alle Skigebiete unserer Reise im Überblick
Nach zwei ereignisreichen Wochen geht unsere Reise durch die Skigebiete Colorados zu Ende und wir müssen uns schweren Herzens von den Rocky Mountains verabschieden. Zurück bleibt die Erinnerung an einen ganz besonderen Skiurlaub und die Gewissheit: Wir kommen wieder.
Zum Abschluss haben wir für euch noch einmal alle Skigebiete, die wir besucht haben, mit den wichtigsten Infos aufgelistet:
Skigebiet | Lifte | Abfahrten | Saisonzeiten 2019/2020 |
---|---|---|---|
Breckenridge | 34 | 187 | 08.11.2019 - 25.05.2020 |
Beaver Creek | 23 | 150 | 23.11.2019 - 12.04.2020 |
Vail | 31 | 195 | 15.11.2019 - 19.04.2020 |
Telluride | 17 | 148 | 28.11.2019 - 05.04.2020 |
Crested Butte | 15 | 121 | 27.11.2019 - 12.04.2020 |
Copper Mountain | 25 | 142 | 08.11.2019 - 19.04.2020 |
Winter Park | 25 | 166 | 02.11.2019 - 26.04.2020 |